Lärm ist aus medizinischer Sicht seit langem als Stressfaktor für den Menschen anerkannt. Einen wesentlichen Anteil am Gesamtlärmaufkommen hat der Straßenverkehr.
Die EG-Umgebungsrichtlinie stellt Kommunen vor die Aufgabe, diese Belastung durch geeignete Maßnahmen zu mindern.
Als Maßnahmen zur Lärmminderung stehen Verkehrsverlagerung und Verkehrsvermeidung an oberster Stelle. Aber allein dadurch lassen sich im innerörtlichen Bereich die Schallemissionen oft nicht ausreichend verringern. Daher muss durch weitere Maßnahmen die Schallentstehung bereits an der Quelle vermindert werden. Eine wirkungsvolle Möglichkeit zur Lärmminderung ist die Erneuerung der Fahrbahnoberfläche, z.B. Asphalt anstatt Pflasterdecke oder lärmtechnisch optimierte Asphaltdecken anstatt herkömmlichem Asphalt.
Offenporige Asphaltdeckschichten haben sich durch ihre schallabsorbierende Wirkung und die damit verbundene Schallreduktion bewährt. Allerdings sind offenporige Asphaltdeckschichten nicht für den Einsatz auf kommunalen Straßen mit langsam fahrendem Verkehr geeignet. Insbesondere das Fehlen der selbstreinigenden Wirkung durch die Sogwirkung des schnell fahrenden Verkehrs führt zu einer raschen Verschmutzung der Poren und zu einer Abnahme der akustischen Wirksamkeit. Zudem erfordern offenporige Beläge im Winterdienst einen erhöhten Aufwand zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit.
Auch andere Beläge können die Geräuschemissionen des Straßenverkehrs wirksam mindern, ohne Nachteile hinsichtlich Dauerhaftigkeit und erhöhtem Aufwand im Winterdienst. Ihre akustische Wirksamkeit beruht auf einer besonderen Gestaltung der Oberfläche, einer hinsichtlich der Rollgeräuschentwicklung günstigen „Textur“. Im Gegensatz zu den offenporigen Belägen können diese Asphaltdeckschichten auch im kommunalen Bereich mit zulässigen Höchstgeschwindigkeiten ≤ 50 km/h zum Einsatz kommen.
Grundsätzlich muss eine Fahrbahnoberfläche rau sein, damit sie eine ausreichende Griffigkeit aufweist, andererseits regt jede raue Fahrbahnoberfläche die rollenden Reifen zu Schwingungen und damit zur Schallabstrahlung an. Asphalte mit optimierten Texturen bewirken jedoch eine geringere Schwingungsanregung der Reifen als herkömmliche Asphalte bei gleichzeitig hoher Griffigkeit. Dabei ist es aus akustischer Sicht nicht ausreichend, die Textur besonders glatt auszuführen. Es ist vielmehr eine gewisse Rauheit erforderlich, so dass beim Rollvorgang im Reifenprofil eingezwängte Luft seitlich über die Porosität des Asphaltes leise abgeführt werden kann.
Rauhigkeiten im Makrotexturbereich lassen sich mit Laser-Textur-Messgeräten erfassen und beschreiben. Abbildung 1 zeigt beispielhaft einen Laserscan einer Asphaltdeckschicht und einen Vertikalschnitt des oberflächennahen Bereiches im Profil.
Abb. 1:
Textur eines lärmtechnisch optimierten Dünnschichtbelages DSH-V 0/5 LA im Laserscan
Das in den Abbildungen 2 und 3 dargestellte Teilprofil und das Terz-Texturspektrum wurden von einer schalltechnisch günstigen Fahrbahnoberfläche mit einer lärmtechnisch optimierten Dünnen Schicht im Heißeinbau auf Versiegelung (DSH-V 0/5 LA) aufgenommen, die für den Einsatz im kommunalen Bereich besonders geeignet ist. Die Oberfläche stellt die technische Umsetzung der im Labor optimierten Deckschicht dar, von der ein Probekörper und das Texturspektrum in Abb. 1 dargestellt ist.
Als schalltechnisch günstig haben sich Texturen erwiesen, deren Terz-Texturspektren ein Maximum bei max Lamda kleiner als 10 mm aufweisen und der Amplitudeneffektivwert für diese Terz bei Rmax = 50 … 200 Mikrometer liegt.
Abb. 2:
Teilprofil einer schalltechnisch günstigen Fahrbahndeckschicht aus lärmtechnisch optimierten Dünnschichtbelages DSH-V 0/5 LA
Abb. 3:
Texturspektrum einer schalltechnisch günstigen Fahrbahndeckschicht aus lärmtechnisch optimiertem Dünnschichtbelag DSH-V 0/5 LA
Zur schalltechnischen Beurteilung von Fahrbahnoberflächen kann im Rahmen einer erweiterten Erstprüfung die Textur von Probeflächen gemessen und beurteilt werden.
Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Akustikern und Baustofftechnologen. Die Vorgaben aus dem Labor müssen dann von den Herstellern des Asphalts und von der Einbaufirma unter strenger Überwachung durch einen fachkundigen Ingenieur, umgesetzt werden. Nach unseren Erfahrungen können die derart ermittelten Texturkennwerte auch in der technischen Umsetzung vor Ort erreicht werden, eine fachlich korrekte Einbauweise vorausgesetzt. Zur Erhaltung der schalltechnisch günstigen Textur muss dabei insbesondere auf das übliche Abstumpfen durch Abstreuen der verdichteten Oberfläche mit einer Gesteinskörnung verzichtet werden.
Durch Schallmessungen an bestehenden Straßen in Berlin konnte im Jahre 2007 nachgewiesen werden, dass Dünne Asphaltdeckschichten in Heißeinbauweise mit einem Größtkorn von 5 mm bereits ohne jede Optimierung eine Lärmminderung von 1,5 bis 2 dB(A) gegenüber einem normalen Gussasphalt oder Splittmastixasphalt bedeuten.
Diese Erkenntnisse wurden bei der Abwägung möglicher Maßnahmen zur Reduzierung der Verkehrslärmbelastung der Anwohner an einer innerstädtischen Hauptverkehrsstraße in Berlin-Tempelhof berücksichtigt. Im Ergebnis wurde auf passive Schallschutzmaßnahmen oder eine Absenkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h verzichtet und es erfolgte der Einbau eines lärmmindernden Dünnschichtbelages.
In Laborversuchen wurden vorab verschiedene Asphaltmischungen hinsichtlich der günstigsten Oberflächentextur optimiert. Anschließend wurde das Ergebnis auf der Straße überprüft. Die Messungen hatten zum Ergebnis, dass der ausgeführte lärmtechnisch optimierte Dünnschichtbelag im Vergleich zu einer Referenzdeckschicht vom Typ Gussasphalt (DStro = 0 dB(A) im untersuchten Geschwindigkeitsbereich 45 bis 65 km/h für PKW eine um 3 – 6 dB(A) verminderte Geräuschabstrahlung bewirkt.
Die schalltechnischen Eigenschaften einer Straßenkonstruktion werden ausschließlich von der Oberfläche und damit von der Deckschicht beeinflusst. Dies bedeutet, dass Maßnahmen zur Lärmminderung an Straßen nicht zwangsläufig eine Erneuerung aller gebundenen Schichten erfordern sondern oftmals eine Erneuerung der Deckschicht genügt. Da sich in der Praxis bei dichten Deckschichten kleinkörnige Mischgutsorten mit 5 bis 8 mm Größtkorn als besonders leise erwiesen haben, genügen Schichtdicken von 1,5 bis 3,0 cm, um eine leise Straße herzustellen. Um die Dauerhaftigkeit der Maßnahme sicherzustellen, ist es jedoch zwingend erforderlich, die Unterlage für die Deckschicht in der Vorbereitungsphase durch eine Zustandserfassung zu erkunden. So ist es beispielsweise bei einer Unterdimensionierung der Straße wenig sinnvoll, eine aufwändige Lärmschutzmaßnahme vorzunehmen. Ebenso kann es u.U. notwendig sein, die Binderschicht mit zu erneuern, um eine befriedigende Nutzungsdauer für die Gesamtbefestigung zu erreichen.